Praxisbeispiel: PeelStrength

Entwicklung und Normung eines praxisnahen Prüfverfahrens zur Ermittlung der Peelnahtfestigkeit an Verpackungsfolien

In den letzten Jahren entwickelte Peelsysteme schufen die technischen Voraussetzungen für die Markteinführung von Easy Opening-Verpackungskonzepten. Verbraucherseitig führt nicht zuletzt der demografische Wandel zur Forderung nach leicht zu öffnenden Verpackungen. Peelbare Verpackungen sind nicht nur im Bereich der Verbraucherverpackungen für z.B. Kosmetika, Molkereiprodukte, Fleisch- und Wurstwaren, Cerealien, Kaffeeprodukte, Tiernahrung sowie Wasch- und Reinigungsmittel auf dem Vormarsch, sondern ermöglichen auch im medizinischen Bereich eine Vereinfachung der Handhabung von Medizinprodukten im Sterilbereich und die Reduzierung der Gefahr von Kontaminationen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein sicher funktionierendes Peelsystem und die Vermeidung von Fehlerbildern während des Öffnens der Packung.

Insbesondere Senioren haben Schwierigkeiten beim Öffnen von Verpackungen, was unter anderem auf das abnehmende physische Leistungsvermögen zurückzuführen ist. So konnten in einer Studie mit Probanden der Altersgruppe 57-77 Jahre von 35 verschiedenen Produktverpackungen nur drei Packungen problemlos von allen Probanden geöffnet werden. Untersuchungen von Senioren-Organisationen zeigen gerade bei peelbaren Verpackungen einen erheblichen Nachholbedarf auf. So gaben in einer Studie 92 % der befragten Personen an, Probleme beim Öffnen von Verpackungen zu haben. 46 % bemängelten dabei die zu hohen Öffnungskräfte. Dies kann zu teils hoher Unzufriedenheit, teils sogar zu Verletzungen, der Verbraucher führen, was sich negativ auf zukünftige Kaufentscheidungen auswirkt.

Für die Ermittlung der Öffnungskräfte an peelbaren Verpackungen unter Berücksichtigung des realen Verbraucherhandlings stehen die folgenden Normen zur Verfügung:

  • DIN 55409:2012, Verpackung – Prüfverfahren zur Bestimmung von Öffnungskräften an peelbaren Verpackungen – Teil 1: Flexible Packmittel
  • DIN 55409:2013, Verpackung – Prüfverfahren zur Bestimmung von Öffnungskräften an peelbaren Verpackungen – Teil 2: Formstabile Packmittel

Für die Charakterisierung der Eigenschaften von Siegelnähten an Folien und Folienverbunden wird die folgende Norm angewendet:

  • DIN 55529:2012, Verpackung – Bestimmung der Siegelnahtfestigkeit von Siegelungen aus flexiblen Packstoffen

Diese Normen werden in der Qualitätssicherung von Unternehmen der Verpackungsindustrie und bei abpackenden Unternehmen eingesetzt. Das Prüfverfahren beschrieben in DIN 55409 wurde in die internationale Normung als Bestandteil der ISO 17480:2015, Verpackung – Leichte Handhabbarkeit – Leichtes Öffnen übernommen.

Durch neueste Forschungsergebnisse des Fraunhofer IVV Dresden (IGF-Vorhaben 18613 BR „EasyReliablePeel“) ist es möglich, nicht erst im Produktionsprozess, sondern bereits im Entwicklungs- und Designprozess der Packung Öffnungskräfte anhand der an Streifen bestimmten Peelnahtfestigkeit und der Siegelnahtkontur vorauszuberechnen.

Im Rahmen des Projektes „EasyReliablePeel“ wurde festgestellt, dass die nach DIN 55529 ermittelte Siegelnahtfestigkeit sich nicht zur Vorausberechnung der Öffnungskraft eignet, da der Prüfaufbau das reale Packungshandling nicht abbildet. Beim so genannten T-Peel-Test (u.a. DIN 55529) hat die Steifigkeit/Dicke der zu prüfenden Folien erheblichen Einfluss auf den Trennwinkel (siehe Abbildung 1) und damit auf die gemessenen Kräfte (siehe Abbildung 2). Dies führt dazu, dass die ermittelte Nahtfestigkeit stark von der real aufzubringenden Kraft abweicht.

Damit ist die bestehende Norm DIN 55529 nicht dazu geeignet, peelbare Folien (Packstoffe, Verpackungsmaterialien) in Hinblick auf das Öffnungsverhalten kompletter Verpackungen direkt zu bewerten, da sie von anderen Prüfparametern ausgeht bzw. andere, speziell für Peelfolien bedeutende Einflussgrößen nicht berücksichtigt. Dies kann dazu führen, dass Packstoffe mittels DIN 55529 auf einen bestimmten Peelkraftwert entwickelt und optimiert werden und als leicht zu öffnende Peelfolie vermarktet und angewandt werden, obwohl sie für leicht zu öffnende Verpackungen ggf. nicht geeignet sind. Andererseits werden beim T-Peel-Test an Probestreifen mit unterschiedlicher Steifigkeit aufgrund der sich einstellenden Geometrie im Anriss höhere Kräfte gemessen (siehe Abbildung 2), als real an der Packung aufzubringen sind.

Peel Strength 1
© Fraunhofer IVV Institutsteil Verarbeitungstechnik Dresden
Peel Strength

Abbildung 1 Trennwinkel zwischen den Packstoffen beim Prüfen nach DIN 55 529 (links- flexible Folien; Mitte – Kombination flexible/steife Folie) und in Anlehnung an DIN 55409 Teil 2 (rechts)




Peel Strength 2
© Fraunhofer IVV Institutsteil Verarbeitungstechnik Dresden
Peel Strength

Abbildung 2 Siegelnahtfestigkeit abhängig vom Prüfaufbau für flexible Folien (PET/PEpeel vs. PET/PEpeel – Dicke 2x 65 µm) bzw. Kombination flexible/steife Folie (PET/EVPET vs. APET – Dicke 76 µm vs. 240 µm)








Das Praxisbeispiel in Kurzform

Ziel des WIPANO-Projektes ist es, die Anforderungen an den Versuchsaufbau sowie die Parameter für eine reproduzierbare und praxisnahe Prüfmethode zur Bestimmung der Peelnahtfestigkeit von siegelbaren Packstoffkombinationen festzulegen, mit der die Eignung von siegel- und peelbaren Packstoffen zur Herstellung von leicht zu öffnenden Packungen bewertet werden kann. Die ermittelte Peelnahtfestigkeit kann in Zukunft als Spezifikationsparameter genutzt werden. 

Im Projekt wird eine DIN SPEC 91 401 erarbeitet.


Titel der Erfindung: PeelStrength

Zuwendungsempfänger:

Regelsetzende Institutionen: DIN e.V.

F&E-Einrichtungen: Fraunhofer IVV Institutsteil Verarbeitungstechnik Dresden

Unternehmen: Polymer Service GmbH Merseburg

Förderaktivität: WIPANO Normung und Standardisierung

Förderzeitraum: 01.10.2017-30.09.2019

Fördervolumen:292.480 Euro

Ansprechpartner: Frau Ina Schreib

Telefon: 0351 436 1441

Email: ina.schreib@ivv-dresden.fraunhofer.de