Oberflächenbehandlung von 3D-gedruckten Kunststoff-Bauteilen

Es handelt sich um vier Erfindungen einer Verbundhochschule im Bereich Oberflächenbehandlung von 3D-gedruckten Kunststoff-Bauteilen, die in drei laufende, voneinander abhängige Schutzrechtsfamilien eingeflossen sind.
3D-Druck-Verfahren sind in den letzten Jahren in vielen Märkten äußerst wichtig geworden, u.a. in den Bereichen Automobil und Luftfahrt, für Medizinprodukte sowie in der Konsumgüterindustrie. Häufig sind 3D-gedruckte Bauteile aufgrund des Herstellungsprozesses, bei dem ein Objekt aus einzelnen Punkten und Schichten aufgebaut wird, uneben und müssen vor ihrer Verwendung geglättet werden. Die vorliegenden Erfindungen umfassen jeweils verschiedene chemische Glättver-fahren sowie Vorrichtungen zur Glättung von 3D-gedruckten Kunststoffteilen mit Fokus auf unterschiedlichen Anwendungen (z. B. verschiedene Hochleistungsmaterialien, Anwendungen im medizinischen und nicht-medizinischen Bereich, Glättung für hochpreisige Einzelstücke und günstigeres Schüttgut).
Im Hinblick auf die schnell voranschreitende Entwicklung im Bereich 3D-Druck sowie deren Ausweitung auf immer neue Materialien und Anwendungsbereiche wurden alle zu den Erfindungen zugehörigen Patentanmeldungen im Anmeldestadium bewusst sehr breit gehalten, um gleichzeitig auch das Spektrum an möglichen Lizenzpartnern offen zu halten. Die Fokussierung bzw. der Schutz der tatsächlich relevanten Ausführungen (Glättprozesse und Glättanlagen) wurde auf einen späteren Zeitpunkt, zu dem idealerweise bereits eine Zusammenarbeit mit einem Lizenzpartner bestehen sollte, verschoben, um dem künftigen Lizenznehmer eine Alleinstellung zu ermöglichen und mögliche Nachahmer abzuhalten bzw. zu einer einträglichen Lizenzierung verpflichten zu können.
In diesem innovationsstarken Bereich ist die Konkurrenz durch neue Technologien und Wettbewerber hoch. Die Technologien zeichnen sich durch sehr hohe Qualität der Glättung, sowie eine umweltfreundlichere und günstigere Umsetzung aus, befanden sich jedoch zum damaligen Zeitpunkt noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Dies ist eine grundsätzlich risikobehaftete Situation, da eine Weiterentwicklung bis zur Marktreife einen kompetenten Partner im Maschinenbauwesen voraussetzte; gleichzeitig prognostizierte die vom Verbund beauftragte BayPAT ein zukünftig großes und transformatives Marktpotential.
Mit einem deutschen Unternehmen aus dem Bereich Oberflächenbehandlung wurde ein kompetenter Industriepartner gewonnen. Im Frühling 2021 wird der erste Prototyp einer Anlage gebaut und ein exklusiver Lizenzvertrag für das gesamte Glätt-IP-Portfolio soll bis November 2021 abgeschlossen werden, bevor die Technologie auf der wichtigsten internationalen Messe für 3D-Druck ersten Kunden präsentiert werden. Die Serienreife ist hierbei Voraussetzung.
Das Lizenzmodell für den deutschen Entwicklungspartner, sowie die Führung aller betroffenen Patentverfahren, wurde nicht nur auf den prospektiven deutschen Lizenznehmer, sondern bereits mit Blick auf dessen mögliche Unterlizenznehmer, in verschiedenen Geschäftsbereichen ausgerichtet. In diesem Zuge wurden im Rahmen der Nachanmeldung für die Verfahren die Ansprüche so angepasst, dass sowohl die Glättanlagen und –verfahren des prospektiven deutschen Lizenznehmers, als auch diejenigen seiner Konkurrenten (als mögliche Unterlizenznehmer), abgedeckt sind. Es wurden verschiedene zukünftige Szenarien (Unterlizenzvergabe, Kreuzlizenzvergabe, mögliche Patentstreitigkeiten, etc.) im Lizenzmodell berücksichtigt. Auch eine geplante Ausgründung der Erfinder für einen engen Teilbereich der möglichen Anwendungsbereiche wurden in Bezug auf die Führung der Patentverfahren und die Planung des Lizenzmodells berücksichtigt – hier ist sowohl eine Beteiligung des exklusiven Lizenznehmers als Investor, als auch eine Unterlizenzvergabe durch diesen an das geplante Gründungsunternehmen vorgesehen.
Auf diese Weise wird der voraussichtliche monetäre Rückfluss an die Hochschule maximiert und gleichzeitig der geplanten Hochschul-Ausgründung ein Geschäftsstart ermöglicht, ohne dass die Handlungsfreiheit des primären Lizenznehmers eingeschränkt wird. Die gewählte IP-Strategie zielt sowohl auf eine Erlösmaximierung für die Hochschule, sowie auf eine vereinfachte Verfahrensführung durch vorrangige Koordination mit dem primären Lizenznehmer ab, da letzterer für die Abstimmung mit möglichen Unterlizenznehmern selbst verantwortlich sein wird.
Eine solch komplexe Verfahrens- und Verwertungsplanung ist nur im ständigen engen Austausch der zuständigen Mitarbeiter (Patentierung, Vermarktung, Legal) mit Erfindern, Patentanwalt, Hoch-schule und prospektivem Lizenznehmer möglich. Die vorliegende anspruchsvolle IP- und Konkur-renzsituation hätte dazu führen können, dass das IP-Portfolio als kritisch und risikobehaftet eingeschätzt wird und entsprechend von einer Weiterführung hätte abgesehen werden können. Durch langfristige, strategische Planung mit der Möglichkeit, flexibel auf Veränderungen im Markt und in der Patentsituation eingehen zu können, und vor allem durch enge Koordination aller beteiligten Parteien, wird die Möglichkeit einer breiten, gewinnversprechenden Kommerzialisierung der Tech-nologien in einem stark wachsenden Markt mit großem Potential genutzt.